Otto Hermann von der Howen 1740
Otto Hermann von der Howen (* 13. November 1740 in Fockenhof (Kurland); † 15. Juni 1806 in Poststation Gulben (Livland)) war ein Landespolitiker im Herzogtum Kurland und Semgallen.
Leben
Familie und Jugend
Otto Hermann von der Howen entstammte der indigenen uradligen kurländischen Familie von der Howen. Seine Eltern waren Otto Christopher von der Howen (1699 - 1755), Landhofmeister des Herzogs von Kurland, und Elisabeth Dorothea von Mirbach. Er studierte in Kiel, wo er am 17. November 1759 über das Thema de sanctitate legatorum (Über die Unverletztlichkeit von Gesandten) im Völkerrecht promoviert wurde, und Straßburg (1761).
Nach dem Lexikon der Studenten aus Estland, Livland und Kurland an europäischen Universitäten 1561-1800:
Stud. Univ. Kiel (imm. 17.7.1759; Disputation unter Joh. Bartram Mielck 17.11.1759; Stammbuch 1.9.1760), Straßburg (imm. 23.11.1761), bereiste Deutschland und Frankreich bis 1763. Landespolitiker.
Kurländische Ämter
Von 1765 bis 1771 und in den Jahren 1778 und 1780 vertrat Otto Hermann von der Howen als Landesdelegierter die Interessen der Kurländischen Ritterschaft beim Oberlehnsherrn in Warschau. 1783 vertrat er die Kurländische Ritterschaft in der russisch-kurländischen Grenzkommission. 1776 wurde er der erste Ritterschaftssekretär, ein Amt, das er bis 1786 bekleidete, danach war er Hauptmann in Schrunden, Oberhauptmann in Goldingen und Landmarschall, von 1786 bis 1796 Oberburggraf in Mitau.
Politische Entwicklung
Seit 1763 lebte er in Kurland und war er wie sein Vater Otto Christopher von der Howen (1699 - 1755) Anhänger des zur Abdankung gezwungenen Herzogs Karl von Sachsen und Gegner von Ernst Johann von Biron. Nach dessen Abdankung 1769 bemühte er sich, die Nachfolge des Sohn des Herzogs Peter von Biron zu hintertreiben. Daraufhin wurde er auf Veranlassung der russischen Regierung verhaftet und verbrachte die Jahre von 1771 bis 1774 als russischer Staatsgefangener in der Zitadelle von Riga. 1776 vermittelte er als Kurfürstl. sächsischer Kammerherr und Schlichtungskommissar eine Versöhnungs- oder Kompositionsakte zwischen Herzog Peter und der Kurländischen Ritterschaft, wofür er vom Herzog eine jährliche Pension von 1000 Talern zugesprochen bekam.
Politische Weichenstellung
In den Folgejahren ging er zur russlandfreundlichen Partei über und erreichte einen außerordentlichen politischen Einfluss in Kurland. 1793 gelang es ihm, die Rechte des Herzogs durch eine neue Kompositionsakte zu schmälern. Schließlich erfolgte 1795 maßgeblich durch sein Betreiben die bedingungslose Unterwerfung Kurlands unter die russische Herrschaft. Die Zarin Katharina II. ernannte ihn zum Geheimrat und beschenkte ihn mit zwei Gütern. Zar Paul I. ernannte ihn zum Senator, verlieh ihm den Russischen Orden der Heiligen Anna 1. Klasse und übertrug ihm zwei weitere Güter. Im Text Zur Familiengeschichte wird ihm der Alexander-Newski-Orden zugeschrieben.
Von seinen Zeitgenossen wurde Otto Hermann von der Howen sehr kritisch beschrieben. Einerseits wurden ihm große politische Fähigkeiten und hohes Durchsetzungsvermögen attestiert, andrerseits wurde er wegen seines eigennützigen Verhaltens verurteilt. Erst Mesenhöller kommt mit großen zeitlichen Abstand zu einer differenzierten Würdigung.
Dokumente und Links über sein Wirken
- sehr ausführliche Biographie in der ukrainischen Wikipedia, unter dem Blickwinkel der russischen Annektion Kurlands [1]
- detaillierte Biographie in der russischen Wikipedia [2]
- Bertrand Auschitzky über Kurland im XVIII. Jahrhundert und Otto Hermanns Beitrag [3] (franz.)
- Eintrag bei Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexicon der Provinzen Livland, Esthland und Kurland herausgegeben von Napiersky, Karl E. Mitau 1829 [4] und S. 287
- Eintrag im Baltischen Biographischen Lexikon [5]
- Protokoll des Landtags vom 5. März 1765 [6]
- Katharina II zu Otto Hermann in Kurtz-gefaßte historische Nachrichten zum Behuf der neuern europäischen Begebenheiten [7].
- Die Unterwerfung unter Russsland in mehreren Artikeln der Bayreuther Zeitung [8]
- Erinnerungen aus den letzten Tagen polnisch-curländischer Selbständigkeit, in Die Grenzboten, Zeitschrift für Politik und Literatur, Leipzig 1869 [9]
- Datei:Zu Briefe von Otto Hermann - Diederichs 1899.pdf - Vortrag über die Briefe von O. H.
- Datei:Briefe von Otto Hermann 1740.pdf - Papierkopie der Briefe aus der Baltischen Monatsschrift 1899 erhielt Peter Howen sen. von Ernst Dietrich Mirbach
- Datei:Otto Hermann 1740 1786.pdf - vermutl. Schreiben an die Kaiserin Katharina II, mit Erwähnung eines Herrn von Nottbeck
- Datei:Otto Hermann 1740 von Elisa Recke.pdf - Elisa von der Recke schreibt über Otto Hermann
- Elisa von der Recke: Nachricht von dem berüchtigten Cagliostro Aufenthalte in Mitau im Jahre 1779 (Volltext in Galerie) und Der Schwarzkünstler Cagliostro
- Besprechung des o. g. Buches in der Allgemeinen Leipziger Literaturzeitschrift 1787 [10]
- Datei:Howen-OttoHermann.pdf aus den Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte Nr. 35: "Baltische Studenten in Kiel" von Dr. Milliam Meyer 1930
- Siehe auch den Artikel Zur Familiengeschichte.
Güter
- Neu-Bergfried (seit 1786)
- Alauen (1789-1796)
- Fockenhof und Hahns-Grenzhof, Kreis Doblen (1795-1805)
- Dannenfeld
- Lieben und Lubben (1792-1796)
- Tingern und Iwen, Kreis Talsen (1792-1796)
- Suhrs und Stirben, Kreis Windau (seit 1797)
Stammtafel und Dokumente
Weblinks
- Mirabeau: Geheime Berichte vom Berliner Hof 1835 [11]
- Artikel Otto Hermann von der Howen in der russischen Wikipedia [12]
- Artikel Otto Hermann von der Howen in der lettischen Wikipedia [13]
- Artikel Otto Hermann von der Howen auf einem lettischen Portal [14]
- Zeitschrift Die Grenzboten, 1869: Erinnerungen aus den letzten Tagen polnisch-kurländischer Selbständigkeit [15]
aktuelle Literatur
- Deutsch-Baltisches biographisches Lexikon. Böhlau 1970
- Kurland und seine Ritterschaft. Ilmgau Verlag 1971
- Mesenhöller: Ständische Modernisierung Akademie 2009